Studien von 1998 - 2025

  • „Negative Kindheitserfahrungen und das Risiko von Endometriose - eine bundesweite Kohortenstudie“ (2025)
  • „Beobachtungs- und genetische Analysen von traumatischen Erlebnissen und Endometriose" (2025)
  • „Misshandlungen in der Kindheit: Ein Risikofaktor für die Entwicklung von Endometriose?" (2018)
  • "Frühe Kindesmisshandlung und Risiko für Endometriose" (2018)
  • ACE-Studie - Belastende Kindheitserfahrungen (1998)

Adverse childhood experiences and the risk of endometriosis - 
a nationwide cohort study (2025)

Die Studie von Rostvall et al. „Negative Kindheitserfahrungen und das Risiko von Endometriose - eine bundesweite Kohortenstudie“, beschäftigt sich mit der Frage "Besteht ein Zusammenhang zwischen widrigen Kindheitserfahrungen (Adverse Childhood Experiences = ACEs) und einer späteren Diagnose von Endometriose?"
 
Studiendesign:

  • Prospektive Kohortenstudie in Schweden
  • 1,3 Millionen Frauen (Geburtsjahrgänge 1974–2001)
  • Beobachtungszeitraum: ab dem 15. Lebensjahr bis 2020
  • Datenbasis: Verknüpfung nationaler Register (Gesundheit, Bevölkerung, Soziales) 
     

Definition negativer Kindheitserfahrungen (ACEs):

  • Elterlicher Drogenmissbrauch
  • Psychiatrische Erkrankung der Eltern
  • Gewalt gegen das Kind
  • Gewalt gegen Eltern
  • Trennung der Eltern
  • Instabile Wohnverhältnisse
  • Pflegeunterbringung
  • Eltern im Teenageralter
  • Öffentliche Unterstützung (Sozialhilfe)
  • Geistige Behinderung der Eltern
  • Familiärer Todesfall


Zentrale Ergebnisse:

  • Alle ACEs außer familiärer Todesfall waren signifikant mit einem erhöhten Endometrioserisiko assoziiert.
  • Stärkster Risikofaktor:
    Gewalt gegen das Kind: HR 1,93
  • Kumulativer Effekt:
    → ≥5 ACEs: 60 % erhöhtes Risiko (HR 1,57)
  • Risiko steigt mit der Anzahl der ACEs
  • Ergebnisse waren auch in Sensitivitätsanalysen stabil (inkl. Dysmenorrhoe als Surrogat)
     

Bedeutet: Es gab einen Trend zu einem steigenden Endometrioserisiko mit zunehmender Anzahl von ACEs. Personen, bei denen ein einzelnes ACE aufgetreten war, hatten ein um 20 % erhöhtes Risiko für Endometriose im Vergleich zu Personen ohne ACEs (HR = 1,20; 95 % CI = 1,17–1,24). Diejenigen, die fünf oder mehr ACEs aufwiesen, hatten ein um 60 % erhöhtes Risiko (HR = 1,61; 95 % KI 1,37–1,88). 
 

Interpretation & Bedeutung:

  • ACEs könnten über Immunsystemveränderung, Schmerzsensibilisierung, psychische Belastung Endometriose begünstigen.
  • Erkenntnisse unterstreichen die Bedeutung von Kinderschutz und frühzeitiger psychischer Versorgung.
  • Mechanismen:
    • Chronischer Stress → Immundysregulation
    • Sensibilisierung des Schmerzsystems
    • Psychische Komorbiditäten → veränderte Schmerzwahrnehmung
    • Nicht nur schwere Traumata, auch soziale Instabilität & Elternkonflikte wirken sich aus.
  • Klinische Implikation:
    → Gynäkolog:innen sollten ACEs als möglichen Risikofaktor berücksichtigen – v. a. bei unerklärlichen Beckenschmerzen.

Stärken der Studie:

  • Sehr große Stichprobe, registerbasierte Daten (vermeiden Recall Bias)
  • Objektive Diagnosedaten mit hoher Validität

Limitationen:

  • Mögliche Unterdiagnose von Endometriose
  • Begrenzte Erfassung nicht-registrierter Gewalt
  • Junge Altersstruktur zum Studienende (nicht alle Diagnosen evtl. erfasst)

Klinische & gesellschaftliche Bedeutung

  • Traumabewusstsein in der Gynäkologie erforderlich – insbesondere bei Dysmenorrhoe oder Beckenschmerzsyndromen.
  • Prävention & Frühintervention im Kindesalter essenziell.
  • Stärkung interdisziplinärer Versorgung (inkl. Psychotraumatologie).


Quelle: Adverse childhood experiences and the risk of endometriosis—a nationwide cohort study | Human Reproduction | Oxford Academic
Quelle: Trauma kan öka risken för endometrios - forskning.se

Observational and Genetic Analyses of Traumatic Experiences and Endometriosis (2025)

Wichtige Erkenntnisse aus der Studie „Beobachtungs- und genetische Analysen von traumatischen Erlebnissen und Endometriose“ (veröffentlicht in JAMA Psychiatrie, 2025):

Ziel der Studie

Untersuchung des Zusammenhangs zwischen traumatischen Erlebnissen (insbesondere in Kindheit und Erwachsenenalter) und dem Risiko für Endometriose. Die Forscher analysierten sowohl beobachtungsbasierte Daten als auch genetische Informationen.

 

1. Traumatische Erlebnisse und Endometriose

  • Frauen mit Endometriose berichteten häufiger über traumatische Erfahrungen als gesunde Kontrollpersonen.
  • Besonders häufig waren:
    • Kontakttraumata (z. B. körperliche oder sexuelle Übergriffe)
    • Kindesmisshandlung
    • Nicht-interpersonelle Traumata (z. B. Unfälle)
    • Kontaktlose Traumata (z. B. emotionale Vernachlässigung)

2. Genetische Verbindungen

Genetische Korrelationen zwischen Endometriose und

  • Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS)
  • Kindesmisshandlung
  • Der polygene Risiko-Score (PRS) für Endometriose war signifikant mit der Erkrankung assoziiert.
  • Keine Wechselwirkungen zwischen genetischem Risiko (PRS) und traumatischen Erfahrungen gefunden → beide Risikofaktoren wirken unabhängig voneinander.

Die Studie zeigt, dass traumatische Erfahrungen ein relevanter, eigenständiger Risikofaktor für Endometriose sind, unabhängig vom genetischen Risiko. Diese Erkenntnisse könnten zu einer verbesserten Prävention, Diagnostik und Betreuung betroffener Frauen beitragen.
 

Quelle: Observational and Genetic Analyses of Traumatic Experiences and Endometriosis | Genetics and Genomics | JAMA Psychiatry | JAMA Network

Maltreatment during childhood: a risk factor for the development of endometriosis? (2018)

Die Studie von Alexandra Kohl Schwartz (Bern, CH)  beschäftigt sich mit der Frage "Ist Misshandlung in der Kindheit, z.B. sexueller Missbrauch, körperlicher Missbrauch, emotionaler Missbrauch und Vernachlässigung, mit der Diagnose Endometriose verbunden?" 
Die Studie von 2018 macht deutlich, dass traumatische Kindheitserlebnisse häufig mit Erkrankungen oder Schmerzsymptomen im Erwachsenenalter in Zusammenhang gebracht und mit chronischen Entzündungsprozessen assoziiert werden. 
 

In einer Studie wurden Fragen zu Belastungen in der Kindheit gestellt, wie z.B. nach:

- sexuellem Missbrauch 

- körperlichem Missbrauch/ Vernachlässigung 

- emotionalem Missbrauch/ Vernachlässigung 

- Inkonsistenzen (fehlende elterliche Wahrnehmung der kindlichen Bedürfnisse) 
 

Häufig berichteten von Endometriose betroffene Frauen über fehlende elterliche Wahrnehmung (53%), wobei diese auch in der Kontrollgruppe häufig genannt wurden (42%). 

Ebenso berichteten Frauen über emotionalen Missbrauch/ Vernachlässigung und über sexuellen Missbrauch in der Kindheit. Auch Mehrfachnennungen der traumatischen Kindheitserlebnisse waren häufiger in der Endometriose-Gruppe vorhanden. 

In einer anderen Studie heißt es, dass es einen stärkeren Zusammenhang zwischen frühzeitigem Kindesmissbrauch und schmerzassoziierter Endometriose (im Gegensatz zur ohne Schmerzen diagnostizierten Endometriose) gibt. 

Bei Frauen, die einen schwerwiegenden chronischen Missbrauch mehrerer Arten erlebten, war das Risiko einer laparoskopisch bestätigten Endometriose um 79% höher. 

Quelle auf Englisch: Studie von Kohl Schwartz

Early life abuse and risk of endometriosis (2018)

Die Studie von Harris et al. beschäftigt sich mit der Frage "Gibt es einen Zusammenhang zwischen körperlichem und sexuellem Missbrauch in der Kindheit oder Jugend und dem Risiko einer laparoskopisch bestätigten Endometriose?"

Studiendesign:

  • Datenquelle: Nurses' Health Study II (USA)
  • Teilnehmerinnen: 60.595 prämenopausale Frauen
  • Beobachtungszeitraum: 1989–2013
  • Diagnosekriterium: Nur laparoskopisch bestätigte Endometriose wurde berücksichtigt

Zentrale Ergebnisse:

  • Erhöhtes Endometriose-Risiko bei:
    • Schwerer körperlicher Misshandlung: HR 1,20 (95%-KI: 1,06–1,37)
    • Schwerem sexuellem Missbrauch: HR 1,49 (95%-KI: 1,24–1,79)
    • Kombination aus körperlichem und sexuellem Missbrauch: HR 1,31 (95%-KI: 1,19–1,45)
    • Kumulativem Missbrauch (mehrere Arten, schwer & chronisch): Risikoanstieg um bis zu 79 %

Dosis-Wirkungs-Beziehung (Dose-Response):

  • Je stärker, chronischer und vielfältiger der Missbrauch, desto höher das Endometriose-Risiko:
    • Leichter/mittlerer Missbrauch (ein Typ): HR 1,12
    • Mäßig-chronisch/mehrere Typen: HR 1,36
    • Schwer-chronisch und mehrere Typen: HR 1,79

Besonderheiten:

  • Der Zusammenhang war stärker bei Frauen ohne Unfruchtbarkeit, also bei symptomatisch Betroffenen (Schmerzen als Hauptsymptom).
  • Sexueller Missbrauch war besonders relevant für symptomatische Endometrioseformen.

    Die Ergebnisse blieben auch in Sensitivitätsanalysen stabil.
     
  • Frühkindlicher Missbrauch kann langfristige biologische Auswirkungen haben und die Entstehung von Endometriose beeinflussen.
  • Psychosoziale Traumata sollten in der klinischen Versorgung und Forschung stärker berücksichtigt werden.


Quelle: Kindesmisshandlung und Endometriose – PSYLEX 
Original auf Englisch: Early life abuse and risk of endometriosis | Human Reproduction | Oxford Academic (oup.com)

The Adverse Childhood Experiences Study (ACE-Studie, 1998)

ACE ist eine Abkürzung und steht für „Adverse Childhood Experiences“, was übersetzt wird mit „Belastenden Kindheitserfahrungen“. Die Studie wurde 1998 von Dr. Vincent Felitti veröffentlicht. 

In einer Langzeitstudie wurden über 17.000 Erwachsene zu traumatischen Erfahrungen in ihrer Kindheit befragt und ihre Gesundheitsdaten abgeglichen. Es zeigte sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen Kindheitstraumata und der Gesundheit im Erwachsenenalter. Je mehr Traumatisierungen die Betroffenen erlebt haben, desto größer ist der negative Einfluss auf die Gesundheit. 
 

Es wurden zehn Kategorien von belastenden Kindheitserfahrungen untersucht:

- Körperliche Misshandlung

- Sexueller Missbrauch

- Emotionaler Missbrauch

- Körperliche Vernachlässigung 

- Emotionale Vernachlässigung 

- Häusliche Gewalt

- Suchtmittel-Missbrauch im Haushalt

- Psychische Erkrankungen im Haushalt

- Trennung/Scheidung der Eltern

- Inhaftierung eines Familienmitglieds
 

Belastende Kindheitserfahrungen können die Struktur des Gehirns verändern und beeinflussen die Funktion des Immunsystems. So können dauerhafte Entzündungsprozesse im Körper und im Gehirn verursacht werden. Die Ergebnisse der ACE-Studie zeigen, dass Kindheitstraumata Jahrzehnte später zu Gesundheitsproblemen führen können; sowohl psychisch als auch körperlich. Je mehr Traumatisierungen die Betroffenen erlebt haben, desto größer ist der negative Einfluss auf die Gesundheit. 
 

Quelle: Relationship of Childhood Abuse and Household Dysfunction to Many of the Leading Causes of Death in Adults - American Journal of Preventive Medicine

Bitte beachten!

Die erwähnten Studien sind ins Deutsche übersetzt und in Stichpunkten ausgearbeitet worden. Selbstverständlich können trotz aller Sorgfalt auch Fehler passieren. 
Bitte beachtet daher für weiterführende Informationen die Original - Quellenangaben! 

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